Eine Steuer für die Zukunft

aktualisiert am:  18. Oktober 2021
5 min Lesezeit

Wie die neue österreichische Steuerreform zu einer nachhaltigeren Welt beitragen kann  

“Weniger Dreck in der Luft, aber mehr Geld im Geldbörsel,” versprach Werner Kogler, der österreichische Vizekanzler, auf einer Pressekonferenz am 3. Oktober 2021. Anlass war eine ökosoziale Steuerreform, die die Regierungskoalition gerade angekündigt hatte. Diese soll Privatpersonen und Unternehmen bis 2025 um 18 Milliarden Euro entlasten.

Eines der Kernelemente der Gesetzesvorlage, die im Spätherbst vom Parlament verabschiedet werden und im Juli 2022 in Kraft treten soll, ist, dass CO2-Emissionen künftig mit 30 Euro pro Tonne belastet werden sollen. Gleichzeitig sorgt ein sogenannter Klimabonus dafür, dass die finanzielle Belastung der Bevölkerung durch die Maßnahmen verringert wird. Können wir uns wirklich auf eine "ökologische Wende" freuen, wie sie von führenden Vertretern der Regierungskoalition angekündigt wurde?

 

Eine Ökologische Trendwende

Die Bepreisung von CO2 war längst überfällig - Finnland, das erste Land der Welt, das eine solche Abgabe eingeführt hat, kann bereits auf 31 Jahre CO2-Abgaben zurückblicken. Seither haben 18 weitere europäische Staaten nachgezogen, womit Österreich das 20. Land in Europa ist, das eine CO2-Steuer einführt. Was den Preis pro Tonne anbelangt, gibt es große Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern. Polen und die Ukraine haben die niedrigsten Steuersätze - bescheidene 0,07 € bzw. 0,25 € - während Schweden mit weit über 100 € das andere Extrem darstellt.

 

 

Der Vorschlag der österreichischen Regierung lehnt sich an das deutsche System an: Der Preis soll jedes Jahr steigen - auf 35 € im Jahr 2023, 45 € im Jahr 2024 und 55 € im Jahr 2025. Anschließend wird ein nationales Emissionshandelssystem eingeführt, das alle Unternehmen einbeziehen soll, die bis dahin noch nicht vom EU-Handelssystem erfasst sind. Ab Juli 2022 werden also die Inverkehrbringer (d. h. Unternehmen, die Kohle, Gas oder Öl verkaufen) besteuert. Sie sind jedoch verpflichtet, den Preis an die Endverbraucher weiterzugeben, was bedeutet, dass die Rechnung letztendlich von den normalen Kunden bezahlt werden muss. Hier kommt nun der sogenannte Klimabonus ins Spiel. 

Ab 2022 erhält jeder Haushalt in Österreich einen finanziellen Ausgleich für seinen Beitrag zu einer sauberen Zukunft. Hierbei handelt es sich um ein regionales System, bei dem die Geldbeträge im Wesentlichen davon abhängen, wo man wohnt: Wer in Wien wohnt, kann mit 100 Euro rechnen, während diejenigen, die in den am dünnsten besiedelten Regionen mit schlechter Anbindung an den öffentlichen Verkehr leben, einen Aufschlag erhalten, der maximal 200 Euro betragen kann. Die Höhe des Bonus wird in Zukunft an den jeweiligen CO2-Preis angepasst.

 

CO2-Emissionen

Obwohl der Begriff inzwischen weit verbreitet ist, halten die meisten Menschen die Vorstellung von "einer Tonne CO2" für einen abstrakten, nicht greifbaren Begriff. Damit Sie besser verstehen, was damit gemeint ist, finden Sie hier ein paar konkrete Beispiele.

 

Aber wie viel ist eigentlich eine Tonne CO2 und welche unmittelbaren Folgen hat die Einführung einer CO2-Steuer für den Durchschnittsbürger?


Stellen Sie sich vor, Sie fliegen von Paris nach New York und wieder zurück oder fahren 6.000 km mit Ihrem Dieselauto - der Ausstoß beträgt in beiden Fällen etwa eine Tonne. Laut Statista lagen die österreichischen CO2-Emissionen im Jahr 2019 mit 7,1 Tonnen pro Kopf zwar über dem EU-Durchschnitt, waren aber nur etwa halb so hoch wie in den Vereinigten Staaten oder Saudi-Arabien, während Katar sogar 30,68 Tonnen pro Kopf ausstieß. Wenn man bedenkt, dass der durchschnittliche Pro-Kopf-Ausstoß bis 2050 2,1 Tonnen nicht überschreiten sollte, um die Erderwärmung auf 2°C zu begrenzen, müssen wir also noch einen sehr weiten Weg zurücklegen.

 

 

Was die Auswirkungen der CO2-Steuer auf Ihren Geldbeutel betrifft, so wird der Preis für einen Liter Kraftstoff bei 30 Euro pro Tonne um etwa zehn Cent steigen. Angenommen, Ihr Dieselauto verbraucht sieben Liter Kraftstoff auf 100 km und Sie tanken nur in Österreich, dann wird Sie eine Fahrt von 6.000 km im nächsten Jahr etwa 42 Euro mehr kosten als bislang. Doch leider werden die meisten von uns die Auswirkungen der vorgeschlagenen Änderungen schon viel früher zu spüren bekommen.

Der Anstieg der Großhandelspreise von Strom und insbesondere Gas wird das Heizen bereits im kommenden Winter erheblich verteuern. Der Gaspreis ist seit Anfang des Jahres um satte 440 % gestiegen, und da Gas nicht nur zum Heizen, sondern auch zur Stromerzeugung verwendet wird, wirkt sich dies auch auf den Strompreis aus. Schätzungen zufolge wird ein durchschnittlicher Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 3500 kWh Strom und 15.000 kWh Gas rund 500 Euro mehr bezahlen müssen. Laut Statistik Austria heizen rund 40% der österreichischen Haushalte noch mit Öl oder Gas.

Egal, ob Sie nun mit fossilen Brennstoffen arbeiten oder Dienstleistungen auf Basis fossiler Brennstoffe in Anspruch nehmen, Sie werden künftig mehr dafür bezahlen müssen, dass Sie Umweltbelastungen verursachen. Die Reformpläne der Regierung sollten daher als direkter Anreiz zum Umstieg auf umweltfreundlichere Lösungen verstanden werden. Für sauberes Heizen ist ein Förderprogramm im Wert von einer halben Milliarde Euro vorgesehen, für den "Raus aus dem Öl"-Bonus und steuerliche Anreize für den Austausch und die Sanierung von Heizkesseln stehen zusammen 360 Millionen Euro zur Verfügung, und für thermische Sanierungen werden 60 Millionen Euro bereitgestellt.

 

Wie weit kann man mit einer Tonne CO2 kommen?

Das klingt nach viel Geld, aber werden die vorgeschlagenen Maßnahmen auch greifen?

Umweltschützer und Wirtschaftsexperten kritisieren, dass ein CO2-Preis von nur 30 Euro die Menschen nicht zu mehr Umweltbewusstsein motiviert und ein klares, für alle nachvollziehbares Konzept fehlt. Kritik erntete vor allem die kleinere der beiden Koalitionsparteien, die Grünen, unter anderem weil es ihnen nicht gelungen ist, die Abschaffung des Steuerprivilegs für Diesel durchzusetzen. Die Klimaexpertin Helga Kromp-Kolb hält 30 Euro für viel zu niedrig und spricht von einem politischen anstelle eines wissenschaftlich fundierten Preises. Ihrer Ansicht nach sollten wir uns die Frage stellen, wie viel es kosten würde, die Emissionen so weit wie möglich zu reduzieren, ohne dabei das CO2-Budget des Landes zu überschreiten. In diesem Fall würden wir bei einem Einstiegspreis von 50 bis 160 Euro aufwärts landen.

Kurzum, die kritischen Stimmen decken sich mit denen in Deutschland, die den dort zu Jahresbeginn eingeführten CO2-Preis aus den gleichen Gründen für zu niedrig halten.

Bei aller Kritik muss man aber auch festhalten, dass die Einführung einer CO2-Steuer zweifellos einen Meilenstein darstellt. Wenn sich das Konzept erst einmal etabliert hat, in den Köpfen verankert ist und allgemein akzeptiert wird, spricht vieles dafür, dass der Preis auch über das Jahr 2025 hinaus weiter angehoben werden wird. Eines ist schon jetzt sicher: Die CO2-Steuer ist ein gutes Argument und ein wichtiger Impuls für die weitere Dezentralisierung der Energieversorgung mit Hilfe erneuerbarer Energien. Angesichts des massiven Preisverfalls von PV-Anlagen und Batteriespeichern sowie der umfangreichen staatlichen Förderungen (z.B. die Förderung von Erneuerbare-Energien-Gemeinschaften) wird eine nachhaltige somit Energieautonomie immer attraktiver.

Unsere Strom- und Gasrechnungen mögen durch diese neue CO2-Steuer höher ausfallen, aber wir dürfen dabei nie vergessen, dass die finanziellen und sozio-ökologischen Folgen des Klimawandels viel größer sind als die einer Steuer. Betrachten wir sie als unseren Beitrag zur Schaffung einer lebenswerten Welt. Niemand mag Steuern, aber diese hier leistet einen wichtigen Beitrag für unsere Zukunft.

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