Die Bedeutung des Netzausbaus für die Energiewende

aktualisiert am:  13. Juni 2023
5 min Lesezeit
Die Bedeutung des Netzausbaus für den Erfolg der Energiewende

Die Zunahme des Anteils der erneuerbaren Energien in Europa ist eine wichtige und begrüßenswerte Entwicklung, aber der Ausbau der Erneuerbaren ist nur dann sinnvoll, wenn das Stromnetz mit den damit einhergehenden veränderten Anforderungen auch Schritt halten kann...

Im Moment kämpft unser Stromnetz mit einer Überlastung, auf die es ursprünglich nicht ausgelegt war. Deswegen muss es auch unbedingt ausgebaut bzw. modernisiert werden, um mit dem Wachstum der erneuerbaren Energien Schritt zu halten und auch weiterhin das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage gewährleisten zu können. Laut Eurelectric, dem Verband der europäischen Elektrizitätswirtschaft, sollten die Investitionen bis 2030 jährlich(!) 34 bis 39 Mrd. EUR betragen, damit der Netzausbau tatsächlich Wirkung zeigt.

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Es geht also um sehr große Investitionen. Doch dabei geht es nicht nur um die reine Vergrößerung des Netzes durch den Bau neuer Stromleitungen. Mindestens ebenso wichtig ist es, die bestehende Netzinfrastruktur wie Umspannwerke und Transformatoren gezielt zu modernisieren und um neue Technologien wie Batteriespeicher zu ergänzen.

 

Erneuerbare Energien sind auf dem Vormarsch - und wollen gespeichert werden

Im Dezember 2022 trugen die erneuerbaren Energien 43,9 Prozent zur Bruttostromerzeugung in Deutschland bei. Die Solarenergie machte dank der rund 2,6 Millionen PV-Anlagen mit einer Gesamtleistung von 66 GW sogar den größten Anteil aus. Das Ziel für 2030 - mindestens 80 Prozent des deutschen Bruttostromverbrauchs durch erneuerbare Energien zu decken - scheint somit durchaus realistisch. Und Deutschland ist nicht das einzige Land, das beim PV-Ausbau große Fortschritte macht. Im vergangenen Jahr verzeichnete die EU im Vergleich zum Vorjahr einen Zuwachs von 47 % bei der Installation von PV-Anlagen, wodurch 41,4 GW Solarstrom-Leistung zugebaut wurden. Damit könnten insgesamt über 12 Millionen Haushalte mit Strom versorgt werden. Gleichzeitig wächst dadurch die Relevanz des üblichen Dilemmas: Die Sonne scheint bekanntermaßen nicht rund um die Uhr, weshalb die gewonnene Energie zwischengespeichert werden muss. Das Gleiche gilt für die Windenergie? Die beste Lösung ist daher eine Kombination von Solar- und Windenergie mit angebundenen Speichern.

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Der Übergang zu einem flexiblen und integrierten Energiesystem ist aus diesem Grund nur möglich, wenn der Einsatz erneuerbarer Energiequellen mit einem starken Wachstum der Speicherkapazität einhergeht. Sowohl kleine Lösungen als auch Batterie-Großspeicher sind für die Steigerung des Eigenverbrauchs unerlässlich, wobei letztere eine besonders wichtige Rolle spielen, da sie Regelenergie und Flexibilität bereitstellen können. Natürlich stellt sich die heikle Frage nach den Anreizen: Wie kann man Speicherlösungen attraktiv gestalten und sicherstellen, dass sie in das System integriert werden?

 

In einem ihrer Berichte beschreibt die Schweizer Denkfabrik Forum Energiespeicher Schweiz, wie der Einsatz von Batteriespeichern zu einem effizienteren, robusteren und ökologischeren Energiesystem führen könnte.

  1. Energie lokal verbrauchen
    Die Kombination von Batteriespeichern mit PV-Anlagen ermöglicht es den Endkunden, einen hohen Autarkiegrad zu erreichen. Dies führt auch zu einer geringeren Belastung des Netzes und letztlich zu einem kostengünstigeren Netzbetrieb: Aufgrund des erhöhten Eigenverbrauchs und der Kappung von Spitzenlasten sinkt die Nachfrage nach Netzstrom, was wiederum die Notwendigkeit eines Netzausbaus verringert.

  2. Entlastung und Stabilisierung des Netzes
    Sollte die Einspeisung von erneuerbaren Energien in einer Region zu stark ansteigen und eine Überlastung des Netzes drohen, kann die Energie in Batterien zwischengespeichert werden.

  3. Bereitstellung von Ausgleichsenergie
    Batteriespeichersysteme können dazu beitragen, das Gleichgewicht im Stromnetz aufrechtzuerhalten, indem sie kurzfristige Schwankungen ausgleichen. Im Gegensatz zu großen, trägen Kraftwerken können sie dabei äußerst schnell und kostengünstig reagieren. So können sie auch dazu beitragen, den Verlust der Momentanreserve auszugleichen.

 

Neue Vermarktungsmöglichkeiten von Speicherkapazitäten

In mehreren Ländern, darunter Deutschland und Österreich, können Speicherbesitzer ihre Kapazitäten bereits auf verschiedene Weise vermarkten - zum Beispiel durch die Bereitstellung von Ausgleichsenergie oder durch die Vermarktung auf dem Spotmarkt. Ein demokratischeres und dezentraleres System führt dazu, dass weniger Stromleitungen für den Netzausbau gebaut werden müssen. Die Kombination von Stromspeichern und erneuerbaren Kraftwerken dort, wo der Strom verbraucht wird, kann sowohl für einzelne Verbraucher als auch für ganze Regionen einen hohen Grad an Autarkie ermöglichen. Ein wichtiges Element ist dabei das Konzept der Erneuerbare-Energien-Gemeinschaften. Diese produzieren und teilen Strom in einem größeren Maßstab, als es viele Haushalte und Unternehmen tun und sind ein hervorragendes Beispiel dafür, wie man die Unabhängigkeit von zentralen Energiequellen erhöhen kann. So ermöglichen sie die Bildung von regionalen Netzwerken, die sich gegenseitig mit Strom versorgen können. So tragen die Energiegemeinschaften dazu bei, Erzeugung und Verbrauch bereits auf einer relativ niedrigen Netzebene auszubalancieren und tragen auf diesem Weg dazu bei, das Netz zu entlasten.

Floss Strom immer nur in eine Richtung (vom Großkraftwerk zum Verbraucher), wird er nun immer häufiger von vielen, dezentralen Quellen eingespeist und dadurch zunehmend bidirektional. Dies sorgt für mehr Komplexität und wachsende Anforderungen an die Netzinfrastruktur und Netzbetreiber, ermöglicht aber gleichzeitig mehr Flexibilität. Die eigentliche Herausforderung besteht nun darin, den größtmöglichen Grad an Flexibilität zu erreichen und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass das System stabil und effizient ist.

 

Dezenralisierung des EnergiesystemsGrafik: Bartz/Stockmar, CC BY 4.0

Jenseits von Speichersystemen

Auch wenn Batteriespeicher eine wichtige Rolle dabei spielen, das Netz für die Herausforderungen der Energiewende zu rüsten, handelt es sich dabei nicht um ein Allheilmittel. Wenn wir darüber nachdenken, wie wir das Stromnetz zuverlässiger und zukunftssicherer machen können, müssen wir ebenso eine ganze Reihe von anderen Dingen und Konzepten in Betracht ziehen; einige davon sind technologischer, andere regulatorischer oder sogar politischer Natur. Es würde den Rahmen dieses Artikels sprengen, jedes einzelne davon im Detail zu erörtern. Wichtig ist jedoch, dass auch sie einen wertvollen Beitrag zum Ausbau bzw. zur Verbesserung des Netzes und damit zur Energiewende leisten.

Was die Technologie betrifft, so muss insbesondere in Deutschland ein größeres Augenmerk auf den Einsatz von Smart Metern sowie auf neue Lösungen für das Netzmanagement gelegt werden. Dazu gehören beispielsweise genauere Geräte für die Wettervorhersage und alle Arten von Software, die den Betrieb und die Kontrolle des Netzes erleichtern. Das Laden von Elektroautos ist dafür ein gutes Beispiel: Ohne ein geeignetes Lademanagement belasten Elektroautos das Netz und erhöhen dessen Ausbaubedarf. Aber sie haben zugleich auch das Potenzial, einen wichtigen Beitrag zur Netzstabilität zu leisten, indem die Flexibilität der Autobatterien mit der Hilfe des bidirektionalen Ladens (Vehicle-to-Grid-Technologie) nutzbar gemacht wird. Dafür muss allerdings noch einiges getan werden, denn in Deutschland und Österreich müssen dafür noch einige technische und regulatorische Hürden überwunden werden.

Das Potenzial der Sektorkopplung - also der Verzahnung von Strom, Wärme und Mobilität - für die Dekarbonisierung können wir ebenfalls nur erschließen, wenn wir alle regulatorischen Hindernisse analysieren und anschließend beseitigen. Viele Politiker, Netzbetreiber und Experten haben außerdem die Integration der europäischen Stromnetze gefordert. Denn ein integriertes System könnte die Versorgungssicherheit erhöhen und den Ausbau der erneuerbaren Energien weiter beschleunigen. Während vieles davon noch auf die gesetzliche Umsetzung wartet und sich die Dinge in Deutschland und Österreich relativ langsam entwickeln, gab es im vergangenen Jahr durchaus vielversprechende Fortschritte bei Batterien und Energiegemeinschaften. Außerdem sagen Experten für 2023 ein weiteres Wachstum voraus, denn die Nachfrage von PV-Anlagen und Batteriespeichern ist ungebrochen.

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