Erneuerbare Energiegemeinschaften Deutschland: Status Quo

aktualisiert am:  30. Oktober 2023
10 min Lesezeit
Erneuerbare Energiegemeinschaft Deutschland

Bedeutung, Herausforderungen, rechtlichen Rahmenbedingungen und Potenziale von EEGs in Deutschland

Die Energiewende ist ein zentrales Thema der deutschen Energieversorgung, und erneuerbare Energiegemeinschaften könnten dabei zukünftig eine wichtige  Rolle spielen. In diesem Artikel betrachten wir den aktuellen Stand der erneuerbaren Energiegemeinschaften in Deutschland und beleuchten ihre Bedeutung, Herausforderungen, rechtlichen Rahmenbedingungen und Potenziale.

Der Status Quo: 

  • Es gibt derzeit über 870 Bürgerenergiegemeinschaften mit über 180.000 Mitgliedern, aber die Gründung neuer Gemeinschaften stagnierte zuletzt.

  • Über 90 Prozent der deutschen Haushalte könnten Mitglieder einer Energiegemeinschaft werden und somit mit günstigem Strom aus Energy Sharing Projekten versorgt werden, was ein großes Potenzial für die regionale Energiewende ist.

  • Eine größere Zahl von Energiegemeinschaften in Deutschland würde viele verschiedene Vorteile für ihre Mitglieder und das Energiesystem bieten, darunter die größere Unabhängigkeit von konventionellen Energieversorgern, stabilere Energiepreise und die Möglichkeit, dezentrale Potenziale wie Stromspeicher und Elektromobilität zu nutzen.

  • Was aber am Wichtigsten ist: Energiegemeinschaften können den Ausbau erneuerbarer Energien in Deutschland maßgeblich vorantreiben.

  • Doch derzeit wird noch viel Potential verschenkt. Der bürokratische Aufwand und die wirtschaftliche Realisierbarkeit sind dabei die größten Herausforderungen für den erfolgreichen Ausbau.

Wofür braucht es Energiegemeinschaften in Deutschland?

Für die Notwendigkeit von einem deutlichen Ausbau der Energiegemeinschaften in Deutschland gibt es eine Reihe guter Gründe:

  • Förderung der Bürgerbeteiligung: Durch die Möglichkeit, selbst erzeugten erneuerbaren Strom zu nutzen, werden Bürgerinnen und Bürger selbst zum Teil der Energiewende. Einer Einschätzung des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) zufolge wäre eine Beteiligung an der Energiegemeinschaft für die Teilnehmer kostengünstig, voraussichtlich nur zwischen 100 und 200 Euro und eine zahlreiche Beteiligung würde einen bedeutenden Beitrag zum Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland leisten. Durch die Einbindung der privaten Haushalte in die Energiewende entstünde ein wirtschaftlicher Vorteil, der sowohl den Privatpersonen als auch der Entwicklung des Energiemarktes zugute komme, aber auch die Akzeptanz in der Gesellschaft und das Verständnis für die Zusammenhänge unseres Energiesystems fördern würde.

  • Optimale Nutzung dezentraler Potenziale: In Kombination mit  Batteriespeichern, Verbrauchersteuerung und Elektromobilität kann der Eigenverbrauchsanteil der Gemeinschaft maximiert und die lokale Autarkie gesteigert werden.

  • Größere Energieunabhängigkeit für Industrie, Gewerbe und Privathaushalte: Indem Mitglieder ihren selbst erzeugten Strom teilen und nutzen, reduzieren sie nicht nur ihre eigene Abhängigkeit von externen Energiequellen und steigenden Energiepreisen, sondern auch die der anderen Gemeinschaftsmitglieder. In Zeiten von Rekord-Strompreisen hat dies nicht nur ökologische, sondern auch handfeste wirtschaftliche Vorteile

Was sind die Herausforderungen für Strom-Sharing bei Energiegemeinschaften in Deutschland?

  • Regulatorische Rahmenbedingungen: Da die EU-Richtlinien nur mangelhaft umgesetzt wurden, werden die Gründung und der Betrieb von Energiegemeinschaften derzeit durch komplexe Vorschriften und daraus resultierenden bürokratischen Aufwand noch stark verkompliziert. Dies betrifft in besonderem Maße das „Energy Sharing“ und somit einen der zentralen Aspekte von Energiegemeinschaften.

  • Messung und Abrechnung: Es müssen geeignete Messsysteme implementiert werden, um den Stromverbrauch jedes Mitglieds zu erfassen und die Kosten entsprechend aufzuteilen. Dies erfordert genaue und zuverlässige Messtechnologien sowie transparente Abrechnungsverfahren. Hier wäre ein zentraler Aspekt der Rollout von intelligenten Zählern, auch Smart Meter genannt. Leider hinkt Deutschland derzeit beim Smart Meter-Ausbau, im Vergleich zum EU-Schnitt, noch sehr weit hinterher.

  • Technische Integration: Für das Energy Sharing muss ein passender Rahmen geschaffen werden, für die Vereinfachung von Verfahren für Inbetriebnahme, Abrechnung und Energiekennzeichnung. Dazu müssen neue Technologien und Geschäftsmodelle gefördert werden, wie die intelligente Steuerung von Erzeugern, Speichern und Verbrauchern sowie die Einbindung von Smart-Grid-Technologien. Die technische Integration kann eine Herausforderung darstellen und erfordert eine sorgfältige Planung und Abstimmung der verschiedenen Systeme.

  • Anreize für Energiegemeinschaften: Es braucht einfache und stabile Finanzierung für neue Energiegenossenschaften, differenzierte Unterstützung für verschiedene Empfängergruppen und auch eine Förderung der lokalen Energieerzeugung und des Verbrauchs durch Anpassungen der Netzentgelte.

  • Zusammenarbeit und Erprobung: Kooperation muss auf allen Ebenen gefördert werden, besonders zwischen Forschungs- und Entwicklungsorganisationen und Energiegemeinschaften, und die Nutzung von "Regulatory Sandboxes" zur Erprobung innovativer Technologien, Produkte, Dienstleistungen oder Geschäftsmodelle vorangetrieben werden.

Diese Herausforderungen stellen zwar Hürden dar, aber mit einer sorgfältigen Planung, klaren Regelungen und der Zusammenarbeit aller Beteiligten können sie erfolgreich bewältigt werden und somit die Entwicklung und Umsetzung von Energiegemeinschaften in Deutschland vorantreiben.

Welche rechtlichen Rahmenbedingungen gibt es für Energiegemeinschaften in Deutschland?

  • EU-Richtlinie über erneuerbare Energien (RED II): Diese EU-Richtlinie schafft einen Rahmen für die Förderung erneuerbarer Energien und regelt Aspekte wie den Zugang zum Netz, den Stromverkauf und die Teilnahme von Bürgern und Gemeinschaften am Energiemarkt.

  • Gesetz zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende (GND-Gesetz): Dieses Gesetz enthält Bestimmungen zur Förderung von Energiegemeinschaften in Deutschland. Es erleichtert die Integration erneuerbarer Energien und regelt die Nutzung von Smart Metern, die eine präzise Erfassung des Energieverbrauchs ermöglichen und somit auch für Energiegemeinschaften in Deutschland von Bedeutung sind.

  • EEG 2023: Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) bildet die Grundlage für die Förderung erneuerbarer Energien. Es enthält Regelungen für Energiegemeinschaften in Deutschland und definiert deren Rechtsformen, finanzielle Anreize und die Verpflichtungen gegenüber dem Netzbetreiber.

  • Messstellenbetriebsgesetz (MsbG): Dieses Gesetz regelt die Installation und den Betrieb von Messstellen, einschließlich Smart Metern. Es legt fest, dass Energiegemeinschaften das Recht haben, ihre eigene Messung und Abrechnung durchzuführen.

Funktionieren Energiegemeinschaften woanders bereits?

In Österreich, zum Beispiel, wurden die EU-Vorgaben weitgehend in nationales Recht übernommen und bereits beide Arten von Energiegemeinschaften implementiert. Sogar eine nationale Koordinationsstelle wurde eingerichtet, um die praktische Umsetzung voranzutreiben.

Energiegemeinschaften verzeichnen in der Alpenrepublik daher bereits ein starkes Wachstum: Im März 2023 waren landesweit 940 Gemeinschaftliche Erzeugungsanlagen aktiv, es gab 400 aktive Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften und weitere 300 in Gründung. Ein Mitgrund für diese erfolgreiche Umsetzung ist, dass die Energiebranche in Österreich auf technischer Ebene dafür gesorgt hat, dass auch kleinere Netzbetreiber, die normalerweise keine eigenen IT-Anwendungen entwickeln, alle Formen von Energiegemeinschaften für ihre Netzkunden abbilden können. Dies wird durch das EDA-Anwenderportal ermöglicht, welches die Anbindung von Energiedienstleistern oder gemeinschaftlichen Erzeugungsanlagen ermöglicht und den Zugang zu anderen Marktteilnehmern erleichtert.

Mitglieder haben bereits Einsparungen bei ihren Stromkosten erzielt und außerdem den eigenen Autarkiegrad nachhaltig gesteigert. Diese Erfolgsgeschichten verdeutlichen, dass sich in Deutschland durch eine Vereinfachung der Rahmenbedingungen für Energiegemeinschaften schnell vergleichbare Erfolge erzielen ließen. 

Unser neoom KLUUB in der neoom APP trägt dazu bei, die Eintrittsbarrieren für neue Mitglieder weiter zu senken, indem sie den Beitritt zu österreichischen Energiegemeinschaften deutlich erleichtert und es Mitgliedern ermöglicht, ihren Stromverbrauch einfach zu überwachen und den Strom innerhalb der Gemeinschaft zu teilen. Dadurch können Mitglieder von Energiegemeinschaften von kostengünstigeren Strom profitieren und zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen beitragen. 

Und es gibt eine gute Neuigkeit: Bald wird Energy Sharing mit dem neoom KLUUB auch in Deutschland verfügbar sein. Registriere dich jetzt schon und bleibe so auf dem Laufenden.

Auf unserer Seite findest du außerdem weiterführende Informationen zum KLUUB, der neoom APP allgemein und den Möglichkeiten, sich auch die THG-Quote für Ihre Elektrofahrzeuge einfach über die APP zu holen.

Was braucht es in Deutschland, damit erneuerbare Energiegemeinschaften durchstarten können?

Damit erneuerbare Energiegemeinschaften in Deutschland erfolgreich starten können, sind diese Voraussetzungen und Maßnahmen erforderlich:

  • Gesetzlicher Rahmen: Es ist wichtig, einen geeigneten gesetzlichen Rahmen zu schaffen, der die Gründung und den Betrieb von Energiegemeinschaften regelt und auf der EU-Richtlinie über erneuerbare Energien basiert.

  • Rechtsform und Anforderungen: Eine klare und einfache Rechtsform, wie beispielsweise ein Verein, sollte für Energiegemeinschaften zur Verfügung stehen, ohne hohe Anforderungen an die Buchhaltung und Steuerpflicht zu stellen, da Energiegemeinschaften nicht gewinnorientiert sind.

  • Sonderrolle in der Versorgung: Energiegemeinschaften sollten eine Sonderrolle in der Energieversorgung haben und nicht direkt mit herkömmlichen Energieversorgern im Wettbewerb stehen. Dadurch können sie ihre eigenen Rechte und Pflichten definieren und den Fokus auf erneuerbare Energien legen.

  • Einfacher Einstieg: Der Einstieg in eine Energiegemeinschaft sollte bereits mit einer kleinen Anzahl von Personen und einem niedrigen Jahresverbrauch möglich sein. Dadurch wird eine breitere Teilnahme ermöglicht.

  • Skalierbarkeit: Es sollte die Möglichkeit geben, dass Energiegemeinschaften beliebig groß werden können, um die bestmögliche Nutzung der erneuerbaren Energien zu gewährleisten.

  • Sektorenkopplung: Energiegemeinschaften sollten so gestaltet sein, dass sie nicht nur den Stromsektor, sondern auch den Wärme- und Mobilitätssektor abdecken. Dadurch wird die Integration erneuerbarer Energien in verschiedene Bereiche ermöglicht.

  • Koordinationsstelle und Unterstützung: Der Aufbau einer deutschlandweiten Koordinationsstelle ist wichtig, die den Wissensaustausch fördert, Informationsmaterial bereitstellt und umfassende Unterstützung für Projektinitiatoren und Dienstleister bietet. Diese Koordinationsstelle sollte auch als Schnittstelle zur Politik, Regulierung und Netzbetreibern fungieren.

  • Finanzielle Anreize: Klare finanzielle Anreize müssen dargestellt werden, um Dienstleister und Kunden zu motivieren, Energiegemeinschaften zu gründen und zu nutzen. Dazu gehören Steuerreduktionen, Boni und tarifliche Anreize.

Die Rolle von PV-Anlagen mit Stromspeicher in Energiegemeinschaften

PV-Anlagen sind ideal, um kostengünstigen Strom zu produzieren und so die eigenen Stromkosten dauerhaft zu reduzieren. Nicht jeder verfügt jedoch über die nötigen Dachflächen, um eine solche Anlage zu betreiben. Gleichzeitig produzieren vorhandene Anlagen zu Spitzenzeiten oft deutlich mehr Strom, als ein Haushalt selbst verbraucht. Aus diesem Grund sind die Anlagen prädestiniert dafür, Teil einer Energiegemeinschaft zu werden, innerhalb der überschüssiger Strom mit anderen Mitgliedern geteilt werden kann. Es kann sich also für alle Eigentümer einer PV-Anlage lohnen, sich in einer Gemeinschaft oder Genossenschaft zusammenzuschließen, um den überschüssigen Strom einfach untereinander aufzuteilen. Allerdings bestehen derzeit in Deutschland noch viele bürokratische Hürden und rechtliche Hindernisse, die es unterbinden, günstig produzierten Solarstrom unkompliziert an den Nachbarn zu verkaufen oder eine gemeinschaftliche Anlage zu betreiben. Eine entsprechende EU-Verordnung ist bereits in Kraft, findet aber in Deutschland (noch) keine Anwendung.

Hier wird viel Potential verschenkt, denn mit PV-Anlagen gekoppelte Stromspeicher spielen eine entscheidende Rolle für Energiegemeinschaften, da sie die Möglichkeit bieten, überschüssigen Strom zu speichern, den Eigenverbrauchsanteil der Gemeinschaft zu erhöhen und so den Anteil des effektiv geteilten Stromes zu erhöhen. Sobald dies in Deutschland möglich ist, können bestehende Erzeugungsanlagen ihren überschüssigen Strom in die Energiegemeinschaft einspeisen und somit einen Beitrag zur nachhaltigen Energieerzeugung leisten.

Du bist an einer nachhaltigen Energielösung interessiert, die es dir ermöglicht, selbst Strom zu erzeugen und zu speichern, Kosten und CO2-Emissionen zu reduzieren und dich gleichzeitig unabhängiger von Energieversorgern zu machen? Wir begleiten dich bei deinem Energiekonzept mit der richtigen Beratung durch unsere regionalen Partner. Du möchtest wissen, wie du deine vorhandene oder zukünftige PV-Anlage mit Batteriespeicher darauf vorbereiten kannst, dass sie sich in Zukunft möglichst leicht in eine Energiegemeinschaft einbinden lassen? Auch in dem Fall kannst du uns gerne kontaktieren  - unsere Expert:innen beraten dich gerne.

 

 

Erneuerbare Energiegemeinschaften Deutschland: FAQs

Was sind erneuerbare Energiegemeinschaften?

Erneuerbare Energiegemeinschaften sind Zusammenschlüsse von Bürgerinnen und Bürgern, Unternehmen oder Organisationen, die gemeinsam erneuerbare Energie erzeugen, nutzen und teilen. Sie ermöglichen eine dezentrale und nachhaltige Energieversorgung, bei der die Mitglieder aktiv an der Energiewende mitwirken. Hier findest du weitere Informationen zum Thema Energiegemeinschaften.

Was braucht es, um in Deutschland eine erneuerbare Energiegemeinschaft gründen zu können?

In Deutschland gibt es dazu leider derzeit noch sehr viele Vorschriften und Einschränkungen, die berücksichtigt werden müssen. Deswegen wird empfohlen, professionellen rechtlichen und finanziellen Rat einzuholen, um sicherzustellen, dass alle erforderlichen Schritte ordnungsgemäß durchgeführt werden. Hier erfährst du mehr über die Voraussetzungen für erneuerbare Energiegemeinschaften in Deutschland.

Was versteht man unter einer Bürgerenergiegesellschaft?

Eine Bürgerenergiegesellschaft ist eine Form der Energiegemeinschaft, bei der Bürgerinnen und Bürger die Hauptakteure sind. Es handelt sich um eine demokratische und partizipative Organisationsstruktur, bei der die Mitglieder gemeinsam erneuerbare Energieprojekte initiieren, entwickeln und betreiben. Bürgerenergiegesellschaften ermöglichen es den Menschen, selbst aktiv zur Energiewende beizutragen und von den Vorteilen einer nachhaltigen Energieversorgung zu profitieren.

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